Christliches Erzählen mit Legematerialien in der Kita

Das freie Erzählen gehört zu den elementarsten Methoden der Kitaarbeit und ist eng mit dem Malen verknüpft. Das freie Erzählen von Geschichten fördert das Zuhören und ermöglicht es den Kindern, aktiv an einer Geschichte teilzunehmen. In der letzten Zeit rückte das Erzählen in der Kita jedoch in den Hintergrund, da die Mediennutzung immer mehr an Bedeutung gewonnen hat.

Freies Erzählen als religionspädagogische Methode

Die Sprache ist eine der ersten Medien, welche die Kinder mit ihrer Umgebung verbindet. Durch Sprache bzw. Erzählungen lernen die Kinder die Welt, die Menschen um sich herum sowie sich selbst kennen. Beim Erzählen ist nicht nur der Inhalt wichtig, sondern ebenso die Beziehung zwischen dem Erzähler und seinen Zuhörern (Tschirch 2014: 196). Das Christentum können wir als eine alte Erzählgemeinschaft bezeichnen (Gartinger/Janssen: 450). Im Christentum steht Jesus als Erzähler da, der die Geschichte über Gott erzählt und diese zu den Menschen bringt. Viele religiöse Geschichten und ihre Motive haben unsere Kultur geprägt, in der Vergangenheit wie auch heute. Die Geschichten dienen als Inspirationsquelle für viele Romane oder Filme. Eine religiöse Geschichte wie z.B. die Geschichte über David und Goliath kann auch Kindern helfen, ihre Konflikte selbst zu lösen oder Ängste abzubauen. Sie erfahren dabei, dass nicht immer der Stärkere und Größere gewinnt, sondern auch die Kleinen eine Stimme haben und durchaus gewinnen können.

spirituelle Erfahrungen in der Kita

Religiöse Erziehung in der Kita

Artikel 14 der Kinderrechtskonvention schreibt unter anderem das Recht auf Religionsfreiheit fest. Wenn Kinder religiöse Traditionen und Rituale kennenlernen und beginnen, religiöse Fragen zu stellen, brauchen sie Begleiter, die ihnen einen Zugang zum Glauben eröffnen. Die Religiöse Erziehung in der Kita wird als ein sinnorientiertes und ganzheitliches Erlebnis verstanden, in welchem wesentliche christliche Normen und Werte gefördert werden (Kett/Koczy: 11-13). Religiöse Erziehung sollte sich in folgenden vier Bereichen entfalten.

Die indirekte religiöse Erziehung

Der erste Bereich ist eine indirekte religiöse Erziehung, in welcher eine gute soziale Atmosphäre erschaffen wird, und sich das Kind zugehörig, geborgen und angenommen fühlt. Zu den wesentlichen religionspädagogischen Aufgaben zählen z.B. die Raumgestaltung und der Tagesablauf, damit sich die Kinder aufgehoben und sicher fühlen, sowie die Begrüßung und die Verabschiedung, damit sich die Kinder beachtet und akzeptiert fühlen.

Spirituelle Erfahrungen

Der zweite Bereich der religiösen Erziehung gilt den spirituellen Erfahrungen. Heutzutage leben wir in einer Welt, die als sehr oberflächlich, konsumorientiert und schnelllebig beschrieben werden kann. Kinder kommen durch unseren hektischen Alltag und durch eine Reizüberflutung sehr schwer zur Ruhe. Deshalb brauchen sie die Erfahrung von Stille. Mit Stilleübungen und Fantasiereisen haben sie die Möglichkeit, die Welt um sich herum intensiver wahrzunehmen, zu entspannen und sich zu spüren. Wenn man Kinder beobachtet, wie sie auf Stille reagieren und sich durch die kleinen Dinge beeindrucken lassen, dann spürt man etwas von dieser Spiritualität. Oft erfahren sie genau durch diese kleinen Dinge und Begebenheiten Dankbarkeit und lernen dadurch, nicht alles für selbstverständlich zu nehmen (Möller 2014: 26f.).

Über Religion und Glaube sprechen

Kommunikation über Religion und Glaube ist der dritte Bereich religiöser Erziehung. Die Kinder im Kindergartenalter sind wissbegierig und stellen schon früh viele Fragen z.B. über die Welt, die Geburt, ebenso wie über Religionen und Gott. Sie zeigen Interesse und sind neugierig, was in ihrer Umgebung passiert (Kett/Koczy 2009: 12). Die Aufgabe von Fachkräften ist es, nicht schnell und übereilt auf die gestellte Frage zu antworten, sondern die Fragestellung der Kinder lebendig zu halten (Möller 2014: 27). Die Kita ist ein Lebensraum, in dem die Kinder zusammen mit den Erziehern eine Art von Gemeinschaft bilden, in der sie die Welt entdecken, Freude und Leid teilen und durch Rituale, Feste und Spiele zusammenwachsen (Kett/Koczy 2009: 12). Durch gezielte Beobachtung sollen Erzieher die religiösen Aspekte in den Fragen und Aussagen der Kinder erkennen und wahrnehmen. Durch das gezeigte Interesse der Kinder können die Erzieher versuchen, weiter im religionspädagogischen Sinne zu arbeiten. Dies könnten biblische Geschichten, religiöse Erzählungen, Bilderbücher und geistliche Lieder sein, in denen ihre eigenen Gefühle, Erfahrungen oder Ängste ausgedrückt werden. Durch die religionspädagogischen Angebote sollen die Kinder nicht ihre Glaubenssätze festlegen, sondern bei ihren Unsicherheiten und Nachfragen unterstützt und gestärkt werden (Möller 2014: 27).

Interkulturelles und interreligöses Lernen

Die vierte und letzte Aufgabe der religionspädagogischen Erziehung ist das interkulturelle und interreligiöse Lernen. Wir leben in einer Welt, in der es viele unterschiedliche Religionen und Weltanschauungen gibt. Die Erzieher sollten den Kindern helfen, sich in dieser Vielfalt von Religionen und Weltanschauungen zurechtzufinden. Wenn es um das interkulturelle und interreligiöse Lernen geht, stellen sich Fragen, wie z.B.: soll ich mit allen Kindern Ostern feiern oder nur mit den christlichen Kindern? Oder: sollen wir auch jüdische und muslimische Feste in der Kita feiern? Von den Erziehern wird erwartet, dass sie Kenntnisse über unterschiedliche Religionen und Konfessionen haben (ebd. 28). Die multireligiöse Situation in unserer Gesellschaft ist vielfältig. Lediglich über Grundinformationen zu verschiedenen Glaubensrichtungen zu verfügen, ist oft nicht ausreichend für die Weitergabe an die Kinder, da sie das Gegenteil von dem bewirken könnten, was mit der Vermittlung bezweckt werden sollte. Im Sinne einer guten Qualität der pädagogischen Arbeit ist es die Aufgabe der Erzieher dabei, nicht alle Religionen und Weltanschauungen selbst zu vertreten, sondern die Begegnung mit ihnen zu ermöglichen. Damit können die grundlegenden Voraussetzungen für interreligiöses Lernen geschaffen und Kinder befähigt werden in Verschiedenheit zusammenzuleben (Deiss-Niethammer 2014: 160f.).

Religiöse Geschichten lebendig erzählen

Freies Erzählen baut eine Beziehung zwischen Erzähler und Zuhörer auf. Der Blickkontakt und die Freiheit in der Bewegung erleichtern dabei die Kommunikation mit den Kindern. Durch den Augenkontakt bekommt man eine Rückmeldung und kann sich auf die Reaktion eines Kindes einstellen. Der Erzähler bemerkt, wann er eine Pause einlegen soll, falls ein Kind eine Erklärung braucht oder eine Frage stellen möchte. Von daher ist es von Vorteil, viel und frei zu erzählen und im Alltag den Raum dafür zu schaffen. Der Erzähler sollte sich vorab mit der Geschichte vertraut machen und diese vorbereiten (Gartinger/Janssen, Bd. 2: 450). Ihm sollte auch bewusst sein, was ihn mit der Geschichte verbindet. Erst dann wird er in der Lage sein, den Kindern die Geschichte gut und spannend zu erzählen. Viel wörtliche Rede, kurze Sätze sowie Verben machen eine Erzählung lebendiger. Zudem ist es wichtig, die religiöse Geschichte angemessen, konkret, korrekt und wahrheitsgemäß wiederzugeben (Tschirch 2014: 196-197). Unterschiedlichen Materialen, wie z.B. Bilder, Tücher oder Handpuppen visualisieren die Geschichte. Auch Stimme, Mimik und Gestik des Erzählers können den Kindern helfen, der Geschichte zu folgen und eigene Bilder zu kreieren (Gartinger/Janssen 2015: 450f.).

Die Bedeutung von Atmosphäre und Raumvorbereitung

Von Maria Montessori kennen wir den Begriff der vorbereiteten Umgebung und wissen, wie wesentlich eine gute Raumvorbereitung ist. Diese spielt auch beim Geschichten Erzählen eine entscheidende Rolle (Becker-Textor/Michelfeit 2000: online). Die vorbereiteten und organisierten Räume schaffen eine gute Atmosphäre, in der sich die Kinder wohl, sicher und geborgen fühlen. Die Räume fördern gleichzeitig die Kommunikation und Auseinandersetzung mit neuen Materialien.

Freies Erzählen mit Legematerialien

Der Religionspädagoge Franz Kett stellte fest, dass die Kinder Schwierigkeiten haben, Glaube und Religion zu begreifen. So entstand die Kett-Methode, die den Glauben durch Sinne erfahrbar und begreifbar macht. Um den Kindern eine Geschichte zu vermitteln, benutzt man Legematerialien zur Gestaltung von Bodenbildern, wie z.B. Tücher, Schnüre, Perlen, Kugeln, Muggelsteine, Naturmaterialien, aber auch Bibeltextseiten und selbst gebackene Lebensmittel, um den Kindern den Glauben näher zu bringen.

Bodenbilder können zur Glaubenserkundung und Vertiefung dienen. Im Vordergrund steht dabei die Veranschaulichung sowie Verinnerlichung der ausgewählten Inhalte.

Bei der Bodenbildgestaltung sollte auf folgende Kriterien geachtet werden: eine ausreichende räumliche Gegebenheit, eine offene und vertrauensvolle Atmosphäre innerhalb der Gruppe, die Entwicklung eines positiven Schlussbildes sowie die Freiwilligkeit bei der Erarbeitung persönlicher Bodenbilder. Eine leise und meditative Musik im Hintergrund kann die angenehme Atmosphäre noch unterstützen (Stögbauer-Elsner 2016). Der Raum sollte dabei vorbereitet sein, sodass sich die Kinder wohl und eingeladen fühlen. Durch diese Ordnung und Vorbereitung schaffen wir eine innere Ruhe für die Kinder und die Erzieher.

Gestaltung von Bodenbildern

Bodenbilder entstehen in einem vierphasigen Prozess

  1. In der Hinführungsphase wird die Gruppe zur Ruhe und inneren Sammlung geführt und auf den Inhalt vorbereitet. Die Teilnehmenden bekommen Impulse durch ein Bodenbild in der Mitte des Kreises. Dieses Bild soll bei den Kindern Aufmerksamkeit und Erwartungen auslösen und ihnen Impulse geben für den weiteren Verlauf.
  2. Es folgt die Begegnungs- oder Anschauungsphase, in der alle Sinne aktiviert werden. Durch die Bildbetrachtung, Naturmaterialien und Lieder in der Geschichte wecken wir das Interesse der Kinder und ermöglichen es ihnen, sich mit dem Inhalt der Geschichte auseinander zu setzen. Die Kinder berühren die Gegenstände und erschließen sich die Inhalte auf sinnliche Weise.
  3. In der Darstellungs- oder Gestaltungsphase wird die christliche Geschichte mit Hilfe der Legematerialien erzählt. Während der Erzählung wird nach und nach ein Bodenbild gestaltet, zu dem jede und jeder etwas beitragen kann. Die Kinder verarbeiten ihre Eindrücke, die sie während der Erzählung gesammelt haben. Die Geschichte hinterlässt ganz verschiedene Eindrücke. Diesen geben die Kinder in Form von Tanz, Bewegung oder in Form von Bodenbildern Ausdruck.
  4. In der Deutungsphase werden die zahlreichen Erfahrungen, die die Kinder während des ganzen Prozesses gemacht haben, sprachlich und symbolisch verarbeitet. Dies kann in Form von Gebeten, Stille oder mit ruhiger Musik und Meditation erfolgen (Möller 2017).
freie Gestaltung

Für eine qualitätsvolle Vermittlung ist zu beachten, dass die Kinder durch die Reize und vorgegebenen Gegenstände nicht zu einer bestimmten Denkweise geleitet und festgelegt werden sollen, wie z.B. dass die Kerze für Gott stehen oder das rote Tuch Trauer symbolisieren soll. Vielmehr sollte den Kindern eine freie Deutung ermöglicht werden. Auch sollte darauf geachtet werden, dass die Jungen sich bei dieser Methode, beispielsweise aufgrund der Materialauswahl, nicht ausgeschlossen fühlen und sie nicht nur eine Zuschauerrolle einnehmen (Stögbauer-Elsner 2016).

Damit die Kinder durch das anfänglich gelegte Bodenbild nicht in ihrer Fantasie begrenzt werden, sollte der Erzähler nur einen kleinen Impuls geben, aber kein zu konkretes Bodenbild entwerfen, sondern den Kindern selbst die Möglichkeit geben, ihre eigenen Vorstellungen und Ideen zu entwickeln und ihre persönlichen Gefühle auszudrücken.

Fantasie und Kreativität fördern

Durch das Hören der Geschichte und durch das eigene Erzählen von Geschichten, werden bei den Kindern Sprachfähigkeit, Merkfähigkeit, Fantasie, soziale Kompetenzen und Emphatiefähigkeit gefördert. Beim Hören einer Geschichte entstehen in den Köpfen der Kinder viele Bilder. Kinder, die einer Geschichte folgen können, haben gelernt zu symbolisieren. Sie hören Sätze und diese erzeugen Vorstellungen. Die Fähigkeit, sich von etwas eine Vorstellung, ein Bild zu machen, wird zwischen 3,5 und 7 Jahren veranlagt, und zwar für das ganze Leben. Eine spätere tiefe und ausreichende Veranlagung kann nicht mehr erfolgen. Fantasie hilft den Kindern, Eindrücke zu verarbeiten und zu sortieren, Verhaltensmuster zu üben und Neues auszuprobieren. Laut Forschung wird, wer als Kind viel Fantasie hatte, als Erwachsener besser auf das Leben vorbereitet. Er kann flexibel mit Situationen umgehen, auf andere Menschen eingehen und Konflikte besser lösen (vgl. online). Im Vergleich zur Fantasie ist die Kreativität immer mit Handeln verbunden. Die Kreativität ist die innere Kraft, die die Vorstellungen und die Fantasien in die Realität umsetzt (Braun 2001: 26). Dies ist eine Grunddimension der kognitiven Fähigkeiten aller Menschen (Braun 2011: 18).

Aktives Zuhören und Konzentration fördern

Das Zuhören ist eine sehr komplexe Fähigkeit. Sie umfasst das Hören des gesprochenen Wortes und das Wahrnehmen der parallel erfolgten nonverbalen Kommunikation, aber auch das Verarbeiten dieser Botschaften. Aktives Zuhören, welches bei der oben beschriebenen Methode gut mit genutzt werden kann, beschreibt ein Zuhören, bei dem der Zuhörer das Gehörte mit eigenen Worten wiederholt und damit bestätigt. Beim aktiven Zuhören sollte ein ruhiger Rahmen vorhanden sein. Die Erzieher sollten kurze Sätze verwenden, langsam und deutlich sprechen sowie regelmäßig Pause machen. Um eine gleichberechtigte Kommunikation zu ermöglichen, sollten die Erzieher mit dem Kind auf Augenhöhe sein (Textor 2007: online).

Vorlesen und Erzählen kann zudem die Konzentration fördern. Durch das genaue Zuhören und das Merken von Details stärken Kinder ihre Konzentrationsfähigkeit und das abstrakte Denken. Sie lernen das Einordnen und Ausführen von Geschehnissen. Wenn die Konzentrationsfähigkeit schon früh trainiert wird, entwickeln die Kinder eine Resilienz gegenüber Umweltreizen, die sie ablenken könnten (Howa 2018.: online).

Wir leben in einer Welt, in der die Aneignung von Wissen viel über Medien erfolgt. Die Lernforschung spricht darüber, dass das Lernen mehr als Auge und Ohr benötigt. Je mehr unterschiedliche Formen der Darbietung eines Lernstoffes angeboten werden, umso langfristiger wird das Wissen gespeichert und desto fester verankert (ebd.).

Quellen

Externe Evaluation

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