Pädagogischer Umgang mit sexuellen Übergriffen unter Kindern

Kindliche Sexualität und Übergriffe unter Kindern werden im pädagogischen Alltag der Kindertagesstätte häufig unterschätzt und zu wenig beachtet. Dabei spielen sie eine wichtige Rolle in der Persönlichkeitsentwicklung. Für pädagogische Fachkräfte ist es wichtig, zu dem oft tabuisierten Thema eine angemessene, fachliche Haltung gewinnen und sich sicher und kompetent zu fühlen. Nur so kann man Kinder schützen, ohne sie in ihrer Entwicklung zu hemmen. Denn eine Sexualpädagogik, die nur fördert, vernachlässigt die Schutzbedürfnisse und Schutzrechte der Kinder; andersherum werden Kindern wichtige Bildungserfahrungen vorenthalten, wenn die Pädagogik nur auf Schutz und Abwehr zielt (Maywald 2018: 51).

Eine qualitätsvolle professionelle Sexualpädagogik kann Kinder in ihrer Identitätsbildung begleiten und verstehen, denn „das Kind erlebt Sexualität als Einheit von Körper, Gefühlen und Verstand und entwickelt so eine ganzheitliche Identität.“ (Freund/Riedel-Breidenstein 2006: 20) Viele Erwachsene verschließen die Augen vor sexuellen Übergriffen aus Angst, an dieser Aufgabe zu scheitern, sie fühlen sich überfordert oder zweifeln an der Dringlichkeit und Ernsthaftigkeit des Geschehens.

Grenzen und Grenzüberschreitungen

Insbesondere sexuelle Übergriffe unter Kindern sind nicht immer leicht zu erkennen, sondern brauchen ein geschultes Auge. Alle Kinder brauchen eine Kindheit, die frei ist von emotionaler und körperlicher Gewalt und den langfristigen Auswirkungen solcher Traumata. Um körperliche oder psychische Grenzüberschreitungen, die ihre Intimsphäre verletzen, zu verhindern, sollten die Kinder in erster Linie verstehen, was ihre eigenen Grenzen sind. Auch das Verständnis, dass alle anderen Menschen Grenzen haben, die zu respektieren sind, ist eine Fähigkeit, die begleitet und gefördert werden muss. Dafür sind Gespräche und Projekte mit den Kindern nötig, die das Thema kontinuierlich behandeln. Wenn empfindliche Themen in der Kindergruppe thematisiert werden, erwerben Kinder eine Selbstverständlichkeit Fragen zu stellen und sich gegebenenfalls Hilfe zu holen. Aufgeklärte Kinder sind sicherer als unwissende Kinder, weil sie die Möglichkeit haben, genau zu beschreiben, was sie stört, wo ihre Grenzen sind und was genau passiert ist. Kinder müssen lernen, ihre Gefühle ernst nehmen zu dürfen, sie zu benennen und bei anderen zu respektieren. Die Kinder sollten lernen, dass sie das Recht haben, nein zu sagen (auch gegenüber Erwachsenen). Ebenso haben sie das Recht auf Hilfe und Beschwerde.

Was ist kindliche Sexualität?

Der facettenreiche Begriff der Sexualität wird von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung folgendermaßen definiert:

»Sexualität ist ein existenzielles Grundbedürfnis des Menschen und ein zentraler Bestandteil seiner Identität und Persönlichkeitsentwicklung. Sexualität umfasst sowohl biologische als auch psychosoziale und emotionale Tatbestände und Vorgänge. Die Ausgestaltung von Sexualität deckt ein breites Spektrum von positiven bis negativen Aspekten ab, von Zärtlichkeit, Geborgenheit, Lustempfinden, Befriedigung, bis hin zu Gewaltanwendung und Machtausübung. Menschen leben und erleben Sexualität unterschiedlich. Sie ist ein wichtiges Element der individuellen Lebensweise (BZgA 1994: 3 zit. nach Hubrig 2014: 11)«.

Sexualität ist ein menschliches Grundbedürfnis in jedem Alter, das sich im Laufe des Lebens verändert. Kindliche Sexualität gehört von Beginn an zur Entwicklung jedes Kindes und unterscheidet sich von der erwachsenen Sexualität. Die Merkmale kindlicher Sexualität sind ein ganzheitliches Erleben mit allen Sinnen. Sexualität geschieht spielerisch und spontan und ist nicht auf zukünftige Handlungen ausgerichtet. Sie ist egozentrisch und resultiert aus dem Wunsch nach Nähe und Geborgenheit. Sie ist unbefangen und die sexuellen Handlungen werden nicht bewusst als Sexualität wahrgenommen (Maywald 2018: 18).

Im Kindergartenalltag lässt sich kindliche Sexualität in verschiedenen Formen erkennen. Kinder fragen, wie Babys entstehen und wie sie aus dem Bauch herauskommen. Sie kuscheln miteinander, kitzeln und streicheln sich, sie masturbieren und erkunden in Rollen- oder Doktorspielen ihre Genitalien.

Modelle der psychosexuellen Entwicklung

Die psychosexuelle Entwicklung des Kindes bis zum sechsten Lebensjahr wurde von dem Psychoanalytiker Sigmund Freud in einem Phasenmodell dargestellt. Dieses Modell wurde später von Erik H. Erikson erweitert. Die Betrachtung des Modells trägt auch heutzutage zur Orientierung und zum Verständnis bei. Dabei ist es fundamental wichtig, zu verstehen, dass das Modell nicht allgemein zu verwenden ist, denn jedes Kind ist individuell und erfährt erhebliche Unterschiede in der persönlichen Entwicklung.

Nach dem Phasenmodell befinden sich Kinder im ersten Lebensjahr in der oralen Phase. Sinnliche Erfahrungen und Lustempfinden geschehen hauptsächlich oral, das heißt durch den Mund und besonders durch das Saugen. Die Haut des ganzen Körpers spielt in dieser Phase eine essenzielle Rolle, da durch Berührungen und Reaktionen, die Bindung zwischen dem Baby und der Bezugsperson entstehen. Dadurch erfährt das Kind Gefühlszustände wie Zärtlichkeit, Liebe, Sicherheit, und das Urvertrauen bildet sich. Die Babys erkunden ihren Körper in dieser Phase durch die Berührung ihrer eigenen Genitalien.

Ab dem zweiten Lebensjahr folgt die anale Phase, in der Kinder vom Toilettengang fasziniert sind. Sie erleben ihre Lust hauptsächlich durch das Ausscheiden und Zurückhalten der Exkremente. Sie entdecken neue Empfindungen, wenn zum Beispiel die Harnblase voll ist oder empfinden Stolz beim Kontrollieren ihrer Schließmuskeln bei ihren Ausscheidungen. In diesem Alter fangen die Kinder an, den Unterschied zwischen du und ich zu verstehen. Das motiviert sie zunehmend, selbst bestimmen zu wollen, wann und ob sie auf die Toilette gehen. Erkennbar wird diese Phase auch oft durch die Lust der Kinder mit Kot und Urin zu spielen. Erzieher*innen können diese Phase unterstützen, indem sie den Kindern die Möglichkeit anbieten, mit Matsch zu spielen, in Schlammpfützen zu springen oder mit dem Essen zu experimentieren.

Die phallisch-genitale Phase findet zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahr statt. Die Kinder verstehen die Geschlechtsunterschiede und suchen die eigene Geschlechtsidentität, anfangs in Konflikt und Rivalität zum gleichgeschlechtlichen Elternteil. Sie entdecken lustvolle Berührungserlebnisse mit ihren Geschlechtsorganen. Bei dieser Art von Masturbation geht es um Entspannung, um die Befriedigung der Lustgefühle. Sie kann als Ersatzbefriedigung fungieren, wie zum Beispiel beim Verarbeiten einer Trennung. Auch der Körper anderer wird durch Rollen- oder Doktorspiele erkundet. Gleichzeitig werden durch die Entwicklung von Scham gesellschaftliche Normen verstanden und eingehalten.

Pädagogischer Umgang mit sexuellen Aktivitäten von Kindern

Dadurch, dass das Thema Sexualpädagogik sowohl in den Kita-Konzeptionen als auch in den Curricula der Fachschulen für Sozialpädagogik sowie in den Evaluationen zur Qualitätsentwicklung zu wenig bis gar nicht vorkommt, wird die sexuelle Bildung in Einrichtungen oft zu wenig beachtet. Sie ist unbeliebt und tabuisiert. Kinder bekommen keine Antworten auf ihren Fragen, ihre Neugierde wird verdrängt und ihre sexuellen Aktivitäten werden übersehen und zur Seite geschoben. Die Kinder suchen sich dann ihre eigenen Bahnen und es tauchen Symptomatiken wie Rückzug, aggressives und wildes Verhalten auf. Sexualpädagogik findet also auch dann statt, wenn sie nicht reflektiert und bewusst zum Thema gemacht wird. In diesen Fällen verpassen die Kinder die Chance, von verantwortlichen Erwachsenen begleitet und unterstützt zu werden (Maywald 2018: 70).

Die Kinder erhalten auf ihre sexuellen Aktivitäten oft unausgesprochene Reaktionen von den Pädagog*innen. Widersprüchliche Botschaften entstehen aus unbewussten, intuitiven Handlungen, die fachlich schwer zu begründen sind. Je stärker die pädagogischen Fachkräfte auf das Ausprobieren und Erforschen der kindlichen Sexualität reagieren, desto mehr wird ein Kind dadurch verunsichert. Botschaften, die dazu beitragen, Sexualität als etwas Schlechtes zu bewerten, sollten unbedingt vermieden werden (Freund/Riedel-Breidenstein 2006: 34).

Selbstreflexion und gemeinsame Haltung

Um herauszufinden, welcher pädagogische Umgang mit sexuellen Aktivitäten von Kindern sinnvoll ist, ist eine Selbstreflexion der eigenen Haltung notwendig. Dabei spielt die Analyse der eigenen Biographie eine zentrale Rolle, um die eigenen Erfahrungen mit Sexualität zu verstehen und die daraus resultierenden Glaubenssätze, Werte und Vorurteile und die Einstellung zu kindlicher Sexualität zu entdecken und zu hinterfragen.

Eine gemeinsame Auseinandersetzung im Team, geprägt von Offenheit, Authentizität und Respekt hilft, unterschiedliche Meinungen und Beobachtungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu sammeln und zu reflektieren. Die Entwicklung einer gemeinsamen Haltung zu sexualpädagogischen Fragen hilft bei der Zusammenstellung von Schutzregeln für die Kinder und die Eltern. Je nach Einrichtungsprofil und der weltanschaulichen Grundhaltung kann ein Teamprozess zu diesem Thema sehr unterschiedliche Ergebnisse mit sich bringen (ebd.: 31). Für die Einrichtung sollte ein qualitätsvolles sexualpädagogisches Konzept entstehen, das alle pädagogischen Fachkräfte bereit sind, durchzuführen.

Es ist notwendig, sich Fachwissen anzueignen, um zum Beispiel zwischen sexuellen Aktivitäten und sexuellen Übergriffen von Kindern zu unterscheiden. Beobachtete sexuelle Aktivitäten können als Grundlage der fachlichen Auseinandersetzung und des fachlichen Umgangs mit dem Thema dienen. Wobei vor allem eine klare Trennlinie zwischen sexuellen Aktivitäten und sexuellen Übergriffen gezogen werden muss (ebd.: 29ff).

Pädagogischer Umgang mit sexuellen Aktivitäten von Kindern

Der Erwerb von Fachwissen über kindliche Sexualität und sexualpädagogische Kompetenzen durch Fortbildungen ist von großer Bedeutung. Im Folgenden beschreibe ich weitere Aspekte, die im pädagogischen Umgang mit sexuellen Aktivitäten von Kindern fundamental sind:

Es ist darauf zu achten, dass ein ähnlicher Umgang mit sexuellen Aktivitäten von Mädchen und Jungen gezeigt wird und Mädchen nicht mehr als Jungen in ihrer sexuellen Entwicklung einschränkt werden, aufgrund des Bedürfnisses, sie in ihrer Intimität stärker zu schützen.
Kinder profitieren davon, wenn Pädagog*Innen ihre eigenen Grenzen zeigen und keine unerwünschten Annäherungen, Berührungen dulden (ebd.: 37). Sie haben eine wichtige Vorbildfunktion.

Für das Entdecken des eigenen Körpers sind Rückzugsmöglichkeiten, wie zum Beispiel Kuschelecken zu schaffen. Für eine körper- und sinnesfreundliche Pädagogik sind Sinnesspiele, Verkleiden und Wasserspiele empfehlenswert.

Um die Kommunikation über Sexualität zu fördern, ist auf korrekte Begriffe und eine angemessene Sprache, frei von Beleidigungen und Diskriminierungen zu achten. Die Kinder sollten verstehen, dass Sprache neben der Sachebene auch eine Gefühls- und Beziehungsebene hat und über Sprache Gefühle verletzt werden können (Maywald 2018: 80).

Die Eltern müssen hier einbezogen und beteiligt werden, indem allgemeine sexualpädagogische Informationen im Rahmen der Aufnahmegespräche vermittelt werden. Themenabende zu unterschiedlichen Aspekten von Sexualpädagogik dienen zur Aufklärung und Reflexion, schaffen Vertrauen und ein sicheres Gefühl für Erzieher*innen und Eltern. Die Rückmeldungen, Wünsche und Fragen der Eltern können zur Weiterentwicklung der Konzeption beitragen. Auch in die jährlichen Entwicklungsgespräche können Themen der psychosexuellen Entwicklung als Bestandteil der Persönlichkeitsentwicklung einbezogen werden (ebd: 89).

Sexuelle Übergriffe unter Kindern

Um sexuelle Übergriffe zu identifizieren, brauchen die pädagogischen Fachkräfte ein aufmerksames Auge, fachliches Wissen und eine gute Kenntnis der Kinder und der Gruppendynamik. Nur durch geschulte Feinfühligkeit ist zu erkennen, ob der Wille eines Kindes übergangen oder manipuliert wird.

Denn die Unfreiwilligkeit markiert die Trennungslinie zwischen sexuellen Aktivitäten und sexuellen Übergriffen. Zu den Hauptmerkmalen von sexuellen Übergriffen gehört auch ein Machtgefälle, indem zum Beispiel durch Versprechungen, Anerkennung, Drohung oder körperliche Gewalt Druck ausgeübt wird (Freund/Riedel-Breidenstein 2006: 67).

Sexuelle Aktivitäten sind zwischen Kindern nur dann erlaubt, wenn die Freiwilligkeit aller Involvierten gewährleistet ist. Manchmal verändert sich die Freiwilligkeit der beteiligten Kinder bei sexuellen Aktivitäten im Verlauf. Jedes Kind hat zu jedem Zeitpunkt das Recht, sein sexuelles Selbstbestimmungsrecht auszuüben. Es liegt in der Verantwortung der Pädagog*innen, die Freiwilligkeit zu erkennen und die Kinder dabei zu unterstützen ihre Grenzen zu definieren und sie zu schützen. Um Gewissheit zu gewinnen, ist es oft hilfreich, die Kinder anzusprechen und zu fragen, ob alles in Ordnung ist und ob sie möglicherweise Hilfe brauchen.

Um die Freiwilligkeit festlegen zu können, ist die subjektive Wahrnehmung der Kinder entscheidend. Die Beschwerden der Kinder sind ernst zu nehmen und zu respektieren und dienen als Hinweise für die Erkennung und Unterscheidung der Handlungen.

Formen sexueller Übergriffe

Sexuelle Übergriffe unter Kindern können in vier Intensitätsstufen eingeordnet werden. Dabei handelt es sich nicht um eine Kategorisierung von harmlos bis schwerwiegend, sondern um die Darstellung der Bandbreite an Handlungen:

  1. Sexualisierte Sprache und Beleidigungen
  2. Unerwünschtes Zeigen der Geschlechtsteile und Aufforderung zum Angucken oder Anfassen
  3. Gezieltes Greifen an die Geschlechtsteile anderer Kinder oder Zwangsküssen
  4. Orale, anale, vaginale Penetration anderer Kinder mit Geschlechtsteilen oder Gegenständen (Freund/Riedel-Breidenstein 2006: 79).

Ursachen für sexuelle Übergriffe unter Kindern

Die Ursachen, die zu sexuellen Übergriffen unter Kindern führen können, sind vielfältig. Dazu gehören Beziehungsabbrüche, destabilisierte Familienverhältnisse, häusliche Gewalt, Mobbing-Erfahrungen, emotionale oder körperliche Vernachlässigung, oder aber mangelnde Durchsetzung von Regeln in der Kita.

Eine wertschätzende Einstellung des pädagogischen Personals ermöglicht es, das Verhalten des übergriffigen Kindes als einen Hilferuf zu erkennen. Oft übertragen Kinder Handlungen, die sie selbst von anderen Kindern erfahren haben. Der Grund dafür kann der Wunsch nach Zugehörigkeit sein oder der Versuch, die daraus resultierenden Ohnmachtsgefühle zu kompensieren. Indem Kinder dieses Muster übernehmen, um zu der Gruppe gehören zu dürfen, sind sie gleichzeitig übergriffig und selbst betroffen.

Die gesellschaftlichen Muster, die von Kindern durch die Medien wahrgenommen werden, beeinflussen ihr Aufwachsen, ihre Einstellungen und Werte. Unbewusst kann den Kindern durch Medien vermittelt werden, dass man sich im sexuellen Bereich auf Kosten Schwächerer stark fühlen kann.

Untersuchungen zeigen, dass das gesellschaftlich verbreitete männliche Rollenverständnis ein Risikofaktor für ein sexuell aggressives Verhalten darstellt. Zu den Risikofaktoren für ein sexuell übergriffiges Verhalten gehören ebenso die unverarbeiteten Traumata der Mutter, die sexuellen Missbrauch erlebt hat. Nicht geheilt, können diese Folgen über Generationen weitergegeben werden (ebd.: 91ff).

Mögliche Folgen für das betroffene Kind

Weil sich die Forschung bis jetzt nur jugendlichen Sexualstraftätern widmet, fehlen Studien über die Art, die Häufigkeit und die Schwere der Folgen für betroffene Kinder bei sexuellen Übergriffen unter Kindern. Bisher stehen nur Hinweise und Beobachtungen zur Verfügung, die seelische und körperliche Folgen skizzieren.

Diverse Aspekte aus der individuellen Lebenswelt der Kinder haben einen Einfluss auf die Reaktion und auf die Folgen des Übergriffes. Ob die Kinder zuhause und in der Einrichtung Unterstützung von den Bezugspersonen erfahren, oder eine mangelnde Sexualerziehung erleben, und ob sie Schuldgefühle empfinden, beeinflusst die Resilienz der Betroffenen. Inwiefern und in welcher Form ein erfolgter sexueller Übergriff seelische Folgen für ein Kind hat, ist abhängig davon, wie gut die Qualität des Umgangs mit der Thematik in der Einrichtung und der weiteren kindlichen Lebenswelt von statten geht. Ein unsachlicher, nicht ausreichend achtsamer Umgang kann hier zu weiteren Folgeschäden führen oder diese erst verursachen.

Weitere Faktoren sind für die möglichen Folgen eines Übergriffs von Bedeutung. Die Intensität, mit welcher der Übergriff ausgeführt wird sowie der Lebenszusammenhang, der das Maß der Belastbarkeit mitbestimmt, spielen eine wichtige Rolle (ebd.: 85). Angst vor dem übergriffigen Kind und nächtliches Schreien aufgrund von Alpträumen, Störungen der sexuellen Entwicklung und des Selbstwertgefühls, körperliche Verletzungen, die Entwicklung eines verzerrten Rollenverständnisses sowie die Aneignung von Gewaltmustern sind mögliche Folgen für das betroffene Kind. Oft stehen die betroffenen Kinder in einer Art Abhängigkeit zu dem übergriffigen Kind. Auch das Verstecken hinter der Mutter und Ablösungsschwierigkeiten in der Bringsituation können eine Folge sein.

Quellen

  • Freund, Ulli; Riedel-Breidenstein, Dagmar (2006): Sexuelle Übergriffe unter Kinder. Handbuch zur Prävention und Intervention, 3. Aufl., Köln: Verlag mebes & noack.
  • Gartinger, Silvia; Janssen, Rolf (2017): Erzieherinnen + Erzieher. Sozialpädagogische Bildungsarbeit professionell gestalten: Cornelsen.
  • Hulbrig, Silke (2014): Sexualerziehung in Kitas: Die Entwicklung einer positiven Sexualität begleiten und fördern, Weinheim und Basel: Beltz Verlag.
  • Huser, Joelle; Leuzinger, Romana (2012): Grenzen. Prävention sexueller Gewalt. Vorbeugung, Erkennung und Behandlung von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, 2. Aufl., Heinsberg: Kohl-Verlag.
  • Koglin, Ute; Petermann, Franz; Petermann, Ulrike (2017): Konzeption zur Entwicklungsbeobachtung und -dokumentation, in: Petermann, Franz; Petermann, Ulricke (Hrsg.): Petermann im Kindergarten, 5. Aufl., Rauenberg-Malschenberg.
  • Maywald, Jörg (2018): Sexualpädagogik in der Kita: Kinder schützen, stärken, begleiten, 3. überarbeitete Aufl., Freiburg im Breisgau: Verlag Herder.

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